LG Hamburg statuiert Beratungspflichten der Bank im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Lehmann Zertifikaten
Landgericht Hamburg, Urteil vom 23.06.2009, Az. 310 O 04/09
Mit Urteil vom 23.06.2009 hat das Landgericht Hamburg die Hamburger Sparkasse wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers zu Schadensersatz verurteilt.
Der Sachverhalt
Der in Kapitalanlagegeschäften nicht unerfahrene Kläger erwarb auf Empfehlung einer Anlageberaterin der Hamburger Sparkasse im Dezember 2006 Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers zu einem Preis von 10.000,00 € zzgl. eines Ausgabeaufschlages von 100,00 €.
Die Hamburger Sparkasse hatte die streitgegenständliche „ProtectExpress-Anleihe" zuvor von der Emittentin, der niederländischen Lehman Brothers T. Co B.V., erworben und über ihrer Eigenbestand im großen Umfang an ihre Kunden vertrieben. Die Hamburger Sparkasse hat hierbei sowohl das wirtschaftliche Risiko der Platzierung der Anleihe als auch das Risiko eines Werteverlustes zwischen Ankauf und Weiterveräußerung übernommen. Eine Rückgabe der Zertifikate an die Emittentin war nur mit einem Abschlag vom Einstandspreis der Hamburger Sparkasse möglich.
Nachdem im September 2008 zunächst die Lehman Brothers H. Inc. und in der Folge auch die Emittentin, die Lehman Brothers T. Co. B.V. Insolvenz anmelden musste, ist die Anleihe zwischenzeitlich (nahezu) wertlos geworden.
Die Entscheidung
Das Landgericht Hamburg hat festgestellt, dass die Hamburger Sparkasse die ihr obliegenden Aufklärungspflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt hat.
Zur Vermeidung von Interessenkonflikten wäre die Hamburger Sparkasse verpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sie auf Grund des Vertriebes der Zertifikates eine Gewinnmarge erzielt und insoweit auch ein Absatzrisiko trägt. Ferner habe die Hamburger Sparkasse es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass das (ausländische) Zertifikat nicht durch die Institutionsgarantie der deutschen Sparkasse-Finanzgruppe gesichert sei. Insoweit habe die Hamburger Sparkasse ihrer Verpflichtung zur objektgerechten Beratung nicht ausreichend Rechnung getragen.
Das Fazit
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg trägt den sog. „Kick Back"-Entscheidungen des BGH Rechnung und präzisiert erstmals die Aufklärungspflichten eines Kreditinstituts beim Eigenhandel mit Zertifikaten.
Nach den bereits vom BGH (Beschluss vom 20.01.2009. Az. XI ZR 510/07; Urteil vom 19.12.1006, Az. XI ZR 56/06; Urteil vom 19.12.2000, Az. XI ZR 349/99) entwickelten Grundsätzen besteht eine Pflicht des Kreditinstituts zur Offenlegung von verdeckten Rückvergütungen aus den Aufgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren (sog. „Kick Backs"). Denn erst durch diese Aufklärung befände sich der Kunde in der Lage, das wirtschaftliche Eigeninteresse der Bank an der Anlageempfehlung selbst einzuschätzen.
Das Landgericht Hamburg hat diese Rechtsprechung auf den streitgegenständlichen Sachverhalt übertragen und eine Aufklärungspflicht des Kreditinstituts in Bezug auf eine Gewinnmarge beim Eigenvertrieb von Finanzprodukten bejaht.